Landesverband Motorbootsport
Rheinland-Pfalz e.V.

 

Ingelheimer Stiftung wünscht sich für historisch
rekonstruiertes Boot vielfältige Nutzung


INGELHEIM/BUDENHEIM - Fast geräuschlos gleitet die „Selz“ vom Traktoranhänger in
den Rhein. Bei Rheinkilometer 512 hat die Stiftung „Ingelheimer Kulturbesitz“
mit der Unterstützung der Wassersportfreunde Budenheim gerade den nächsten
Versuch gestartet, das historisch getreu rekonstruierte Boot seiner Bestimmung
zu übergeben. Zum dritten Mal schon. Seit 2015 wartet das Ingelheimer Projekt
einiger Idealisten um den Visionär Dieter Franz auf die endgültige Realisierung.
„Das Boot soll schwimmen“, sagt Franz. „Und durch die konkrete Nutzung die
Erinnerung an die Vergangenheit der Menschen, die am Rhein gelebt haben,
wachhalten“.

Der Nachen gehört aufs Wasser.

Widrige Umstände haben das Ziel bisher mehrmals durcheinandergewirbelt: zuletzt
eine schwere Erkrankung von Franz, davor der Weggang mehrerer Projektteilnehmer,
aber auch ein fehlender Hafenplatz in der Heimatstadt Ingelheim. Nach 2015 und
2016 belebt die Stiftung, der Eigentümer des Bootes, das Projekt also wieder.
Bei den Wassersportfreunden Budenheim wird der knapp sieben Meter lange Nachen
zunächst auf dem Wasser überwintern. Saniert und abgedichtet ist er bereits. Das
nächste halbe Jahr wird zeigen, ob er dicht bleibt.

Die Alternative, die Dr. Günter Weis, der Vorsitzende der Stiftung, andeutet,
den Nachen „auf einem Sockel zu präsentieren und letztendlich verrotten lassen“,
komme für die Stiftung überhaupt nicht in Frage. „Der Nachen gehört aufs
Wasser.“ Bereits das halbe Jahr Abwesenheit vom Element habe das Holz
strapaziert und die erwähnten Reparaturen erforderlich gemacht.

Rhein Main Presse 2017 - WSF Budenheim
Im Vordergrund Günter Weis und Dieter Franz (v.l.) von der Stiftung Ingelheimer Kulturbesitz,
im Hintergrund die Wassersportfreunde Budenheim im Rheinnachen.
Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach


Die hat übrigens Peter Moritz, der Fachlehrer der Berufsbildenden Schule (BBS)
in Ingelheim und ebenfalls ein Mann der ersten Stunde, übernommen. 2011 ließ
sich auch er von Franz für die Sache begeistern und begann damals die
Rekonstruktion mit den Schülern der BBS. Wie die Zukunft des Bootes konkret
aussehen soll, ist offen. „Wir brauchen ein klares Konzept“, meint Weis. Der
Vorsitzende habe sich nicht minder von Franz‘ Vision anstecken lassen, und sei
„in der Stiftung aktiv“ geworden. Mittlerweile hat er Franz im Vorsitz abgelöst,
der die Stellvertreterfunktion behielt. Verschiedene Ideen für die Nutzung seien
da, fährt Weis fort. „Wir müssen aber schauen, wie wir sie mittel- und
langfristig organisieren.“

„Wir suchen ,Manpower‘“, so Weis und „engagierte Personen, die sich mit dem
Rhein und allen seinen Umständen identifizieren können“, ergänzt Franz. Bei den
Wassersportfreunden in Budenheim haben sie solche Mitstreiter gefunden. Bereits
2016 hat der Budenheimer Verein dem Schiff aus Ingelheim Zuflucht gewährt. Im
Ingelheimer Hafen habe es keinen Platz gegeben. Da das Gelände privat sei, könne
die Stadt nicht helfen, so Weis. Der Vorsitzende der Wassersportfreunde, Werner
Brandmüller, hat jedenfalls die historische Dimension des Projektes erkannt.
„Wir leisten damit unseren Beitrag zur Pflege der Kultur.“

Eine der Nutzungsideen, die Franz kurz schildert, findet Brandmüller ganz gut.
Die Jugendfeuerwehr könnte beispielsweise den Nachen in ihre Freizeit
integrieren und die jungen Menschen mit eigenen Muskeln erleben lassen, „wie die
Menschen so ein Boot einstmals genutzt haben“. Brandmüller ergänzt: „Wir könnten
der Feuerwehrjugend Platz für ein Zeltlager zur Verfügung stellen“, sagt er.
Dass die Ideen umgesetzt werden, daran läßt Franz, der gegen sein eigenes Leiden
ankämpft, keine Zweifel aufkommen. Einen persönlichen Wunsch hat er auch: „Ich
wünschte mir, dass die Bürgermeister von Ingelheim und Oestrich-Winkel sich im
kommenden Sommer mitten auf dem Rhein begegnen.“ Als Zeichen der langen
Verbundenheit beiderseits des Flusses sollen sie sich die Hände reichen. Doch
nicht auf einer Fähre. „Sondern auf dem Rheinnachen. Das wäre ein tolles Symbol.“